Gast89551
Der dufte Kollege
Ein verdienter Kollege ist
in den Ruhestand gegangen, der Chef hat mich mit der Einarbeitung des neuen
Mitarbeiters betraut. Der erste Bewerber scheitert am PC, er kann nur surfen,
als ich ihn auf Excel anspreche, meint er, dass er keine Reptilien hätte.
Nummer zwei erzählt einen
dreckigen Witz nach dem anderen, im Kundenkontakt nicht einsetzbar.
Nach einer Woche wird es
langsam eng, es muss doch noch der richtige kommen.
Ich hatte schon aufgehört
zu zählen, da kam Guido herein, das Profil passte gut, er hatte die
Stellenanzeige aufmerksam gelesen, und erfüllte das Anforderungsprofil.
Es vergingen ein paar
Wochen, und alles lief ganz gut. Am nächsten Tag, ich hatte mein neues D&G
Homme aufgelegt, schnupperte er wie ein verliebter Ochse an mir. "Das
riecht aber gut" meinte er.
Ich erklärte ihm dass es
auch noch andere Düfte wie Tabac Original gibt, was Guido nahm, wenn auch für
meinen Geschmack etwas sehr viel.
Das erstaunte ihn, seine
Interessen lagen bis zu diesem denkwürdigen Tag woanders. Ein paar Tage später
kam er zur Tür herein, und mit ihm ein Angriff auf meine Nasenschleimhäute, ein
Gemisch aus Kloreiniger, Unkrautvernichtungsmittel und leicht verdorbener
Milch.
Er strahlte mich an
"da staunst du was? Ich habe eine exklusive Quelle für noble Düfte
gefunden, und die sind sehr günstig!" Nachdem ich meinen Würgreiz halbwegs
unter Kontrolle hatte, nickte ich beifällig und fragte ihn, wo er denn bestellt
hatte. "Im Netz da habe ich recherchiert, aber die Adresse sage ich nicht,
es reicht, wenn ich so exklusiv dufte"
Na, es scheint im Internet
Anbieter zu geben, die übelste Derivate herstellen zu niedrigsten Preisen,
manche riechen in der Kopfnote halbwegs ähnlich wie das Original was kopiert
werden soll, und kippen kurz nach dem Auftragen brutal ab, und stinken einfach
nur.
In den nächsten Tagen
wurde mir die Leistungsfähigkeit der Fabriken des olfaktorischen Grauens
bewiesen, jeden Tag kam Guido mit einem anderen Duft in das Büro.
Alles Imitationen
bekannter Düfte, die ich aber nicht erkennen konnte, weil sie als Guido in das
Büro kam, auf dem Weg dorthin schon umgekippt waren. Verwesungshemmer,
Blaufäule und verfaulter Aal wurden zu meinem täglichen Begleiter.
Irgendwann meinte Guido
das er doch die ganze Belegschaft beduften musste, er versprühte das Zeug,
anders kann es man ja nicht bezeichnen im Treppenhaus herum, eine
Viertelflasche. Es sollte wahrscheinlich in Richtung mediterran gehen, roch
aber nach verdorbener Pizza und einem offenen Gully.
Die Reaktionen der
Kollegen kann man sich vorstellen, was stinkt hier so war da noch höflich. Ich
bin eher ein ruhiger Typ und überlegte mir, wie ich Guido, ohne ihn zu kränken
sagen könnte das er einfach übel riecht, die Kollegen riefen mittlerweile
lieber an, anstatt wie sonst in das Büro zu kommen. Es konnte doch nicht so
weitergehen, zwei Monate ging das schon so. Ich war es auch leid, von den
Kollegen immer auf die schlimmen Gerüche angesprochen zu werden.
Ich sprach ihn irgendwann
zu dem Thema an, ich merkte dann, dass diese Derivate auch das
Wahrnehmungsempfinden angreifen.
Guido meinte auf die
Thematik angesprochen: "Du bist natürlich neidisch, weil alle Frauen hier
auf mich abfahren, ich werde bald mein erstes Kundengespräch haben, und wohl
auch ziemlich schnell befördert werden. Und dann darfst du für mich zur Post
fahren, und wenn ich ganz nett bin, kannst du unterwegs einen Kaffee
trinken".
Ja Guido war der Womanizer
in der Firma, 1,65 groß, mit vierzig Kilo Übergewicht und schütterem Haar,
deswegen stießen sich die Frauen hier gegenseitig die Treppen runter! Um in seiner
Nähe zu sein.
Ich entgegnete nichts auf
die dreiste Art von Guido, das war nicht mein Niveau.
Nachdem er mir am Vortag
des ersten Kundengesprächs noch einen Karton auf den Schreibtisch stellte,
damit ich meine Sachen dort hineintun könnte, da er mich nicht in seinem Büro
mehr haben wollte, nachdem er befördert worden ist, sagte ich mir das ich auch
Kollegenschwein könnte.
Schweigen ist Gold, ich verschwieg
meinem lieben Kollegen, dass es sich um eine Kundin handelt, die für die Firma
von eminenter Bedeutung ist, Trägerin eines akademischen Grades, und eine sehr
feine Nase hat. Ich hatte selbst schon öfter mit ihr zu tun, sie war wie ich
Fan von Düften, und sogar in einem großartigen Forum, wo sich Duftliebhaber
über ihr Hobby austauschten, in dem ich auch war.
Grundsätzlich war der Chef
beim ersten Gespräch mit dem Kunden dabei, auch er hatte eine empfindliche
Nase, er kam aber an diesem wichtigen Tag direkt vom Urlaub in diesen Termin,
und hatte auch noch eine Überraschung vor sich.
Ich hatte dem Personalchef
abgeraten, so früh einen so wichtigen Termin mit Guido zu machen, aber er
brauchte einen Erfolg, da er schon angezählt war. Na, dann hatte ich ja nichts
zu befürchten.
Dann kam der große Tag,
ich hatte zur Feier des Tages Arman Pour Homme aufgelegt, und war mit dem
tollen Duft allein im Büro, Guido schaute nur kurz herein, und zeigte mir den
aufgestellten Daumen, dann hoppelte der kleine Skunk in Richtung Konferenzraum.
Um 11:30 fuhr dann die
wichtige Kundin vor, beziehungsweise sie wurde vorgefahren. Es war jedes Mal ein
Erlebnis, der Fahrer hinter dem Lenkrad einer Karosse eines britischen
Nobelherstellers, der den Namen eines Raubtieres trug.
Frau Dr. XY stieg aus, wie
immer in ein schickes Kostüm gehüllt, von einer französischen Modefirma deren Designer
einen Zopf hatte, und immer eine Sonnenbrille trug.
Ja, ich habe dann von der
Chefsekretärin, die ich gut kenne, den Verlauf des Gesprächs erzählt bekommen.
Nun, Guido hatte für den Termin einen Duft ausgewählt, der zitrisch sein
sollte. Er roch aber wohl eher nach ranzigem Fahrrad öl, Wc Reiniger und einem
Schuss Essig, und wie immer viel zu viel. Die vornehme Dame hielt sich schon beim
Betreten des Konferenzraumes die Hand vor den Mund, es musste erstmal gelüftet
werden, bevor das Gespräch beginnen konnte.
Die Stimmung war also
schon leicht am Kippen, als Guido dann noch eine Kalkulation vorlegte, die weit
über den Preisvorstellungen der Kundin lag, und auch sonst wichtige Fragen zu
dem zu verkaufenden Produkt nicht souverän beantworten konnte, musste der Chef
übernehmen.
Er schickte Guido hinaus,
und meinte zur Kundin, dass die Luft jetzt besser würde.
Mit allen Kräften, und
sehr viel diplomatischen Geschick gelang es dem Chef, den Auftrag zu erhalten.
Der Personalchef wurde
anschließend versetzt, da er die alleinige Verantwortung für das zu frühe einsetzen
im Kundenbereich zu tragen hatte.
Guido musste seinen
Schreibtisch räumen, er war ja noch in der Probezeit, ich hab ihm den Karton
auf seinen Schreibtisch gestellt, damit er seine Sachen hinein legen kann…….